Die gute Fee vom Mautnerschloss
Hausmeisterin Frieda Kinder geht nach mehr als 28 Jahren Dienst in den Ruhestand. Eine Bilanz
Burghausen. Burghausen. Der große Schlüsselbund klappert in ihrer Hand. Zielstrebig geht Frieda Kinder in die Teeküche im ersten Stock des Burghauser Mautnerschlosses, legt die Schlüssel beiseite, blickt sich um und erklärt dann etwas wehmütig: „Die Teeküche war zu meiner Zeit immer der Anlaufpunkt, hier lief alles zusammen, hier gingen die Anrufe ein“. Für ein separates Büro habe es im Mautnerschloss in alle den Jahren keinen Bedarf gegeben, ergänzt die 64-Jährige.
Mehr als 28 Jahre war die Oberbayerin aus Hirten an der Alz als Hausmeisterin in dem ehemaligen kurfürstlichen Mautamtshaus in den Grüben tätig. „Am 1. Januar 1995 habe ich als Raumpflegerin im Mautnerschloss begonnen, kurze Zeit später war ich die Hausmeisterin“, erinnert sich Frieda Kinder. Am vergangenen Dienstag endete ihre Ära als gute Fee vom Mautnerschloss. Ihr Abschied lag nahe, schließlich hat sie ihre „45 Beitragsjahre für die Rente voll. Also habe ich beschlossen, in den Ruhestand zu gehen“, sagt sie.
Frieda Kinder kennt in dem markanten, Jahrhunderte alten Gebäude mit seinen drei Flügeln und drei Geschossen jeden Winkel, jede Ecke und kann viel über Jazzmusiker, vhs-Schüler oder das Team vom Bayerischen Rundfunk erzählen, das jedes Jahr zur Jazz-Woche im Mautnerschloss Station macht.
In der Teeküche beschreibt sie, wie ihre Arbeitstage im Mautnerschloss abgelaufen sind. „Ich habe jeden Morgen um 6.30 Uhr begonnen“, schildert sie. Zunächst habe sie die elf Unterrichteräume aufgesperrt, Tische und Tafeln gewischt und je nach Veranstaltung die Räume hergerichtet. „Die Volkshochschule Burghausen-Burgkirchen belegt seit vielen Jahren die Räume im Mautnerschloss: Von Montag bis Freitag finden hier ganztags Sprachkurse statt“. Früher habe es Yoga- oder Qigong-Kurse gegeben, aber die führe die vhs jetzt unter anderem im Burghauser Haus der Familie durch.
Täglich hat die Hausmeisterin das Treppenhaus gewischt, die drei Foyers gepflegt und kleinere Reparaturarbeiten erledigt. „Glühbirnen habe ich beispielsweise gewechselt. Standen Arbeiten an, die ich nicht machen konnte, haben mich unter anderem die Mitarbeiter des Bauhofes unterstützt“, erzählt Frieda Kinder und versprüht dabei jede Menge Energie, sodass man sich problemlos vorstellen kann, wie sie mit viel Geschick dies und das erledigt. Standen Veranstaltungen am Wochenende an, war es für sie selbstverständlich, die Räume auf und zu zusperren. „Ich hatte ja kurze Wege, weil ich mit meinem Mann zusammen im Erdgeschoss in der 3-Zimmer-Wohnung gelebt habe“, ergänzt sie.
Stand die Jazz-Woche an, hatte die gelernte Fleisch- und Wurstverkäuferin zusätzliche Arbeit. „Da mussten dann 100 Stühle geputzt und im Jazz-Keller aufgestellt werden“, gibt sie Einblick in die Tage der Jazz-Woche im Mautnerschloss. „Im Keller ging es meistens erst um 23 Uhr los und die Musiker haben oft bis in der Früh um vier oder fünf Uhr gespielt“.
Viel Freude haben Frieda Kinder vor allem die Jazz-Kurse gemacht, die seit 1972 unter der Regie der IG Jazz in der ersten Januar-Woche und in den ersten beiden August-Wochen stattfinden. „Auch wenn die Tage zu dieser Zeit lang und anstrengend waren, die 70 bis 80 Teilnehmer mit ihren Dozenten habe ich immer gerne betreut“, sagt sie. Immer wieder hätten alle gesagt, wie gern sie ins Mautnerschloss kommen, weil es hier so familiär zugehe. Während Frieda Kinder das erzählt, strahlt sie. Kein Wunder, fiel wohl auch in diesem Rahmen ein Satz, der ihr Engagement als Hausmeisterin im Mautnerschloss perfekt beschreibt: „Man sieht sie nie, aber es passt immer alles!“
Dieser Ausspruch verwundert nicht, denn während die Teilnehmer beispielsweise gemütlich zum Mittagessen gingen, hat Frieda Kinder unter anderem die Kaffeetafel abgeräumt, gespült und wieder gemeinsam mit frischem Kaffee in den Unterrichtsraum gestellt. „Das fand ich selbstverständlich. Das Mautnerschloss ist für mich Heimat. Es hat mir viel Freude bereitet, ich habe mich hier zu Hause gefühlt“, betont sie.
In all den Jahren als Hausmeisterin fehlte Frieda Kinder nur einen einzigen Tag wegen Krankheit. „Verschlafen habe ich nie und ich bin nur in den Schulferien in den Urlaub gefahren, weil da das Mautnerschloss geschlossen war“. Auf die oft gestellte Frage vieler Jazzkurs-Teilnehmer oder vhs-Dozenten, was das Mautnerschloss wohl ohne Frieda wäre, hatte die 64-Jährige keine Antwort parat. „Ich fahre jetzt erst einmal ein paar Tage in den Urlaub“, erzählt sie stattdessen. Dann stehe der Auszug aus der Wohnung im Mautnerschloss an, weil der neue Hausmeister – ganz so wie sie – auch kurze Wege haben soll, wenn Räume auf- und zugesperrt oder defekte Lampen ausgewechselt werden müssen. „Wir haben eine Wohnung in der Neustadt gefunden – Burghausen bleiben wir also treu!“, betont die langjährige Hausmeisterin.
Am vergangenen Dienstag ließ es sich Burghausens Bürgermeister Florian Schneider nicht nehmen, Frieda Kinder persönlich in den Ruhestand zu verabschieden. Mit einem Lächeln im Gesicht erinnert sie sich nach dem Termin im Rathaus an ihren ersten Tag im Mautnerschloss: „Da hat mich der damalige Bürgermeister Hans Steindl begrüßt. Er könne mir nicht sagen, was mich hier erwartet, hat er gesagt, schließlich sei die Schauspieltruppe von Athanor im Mautnerschloss angesiedelt“.
Nun, nach fast drei Jahrzehnten als gute Fee im Schloss, dürfte es Frieda Kinder genau wissen – viel Arbeit, viel Freude und innige Freundschaften. Und wenn sie abends im Fernsehprogramm den einen oder anderen Schauspieler entdecke, den sie noch als Athanor-Schüler aus dem Mautnerschloss kenne, gibt sie offen zu, „denke ich immer an meine Anfänge als Hausmeisterin im Mautnerschloss zurück“.