Die Weinbauern bei der Arbeit - dieses Jahr fand die Weinlese schon wesentlich früher statt als geplant © Stadt Burghausen/ebh

Die Weinbauern bei der Arbeit - dieses Jahr fand die Weinlese schon wesentlich früher statt als geplant © Stadt Burghausen/ebh


Die Weinlese am Burghauser Weinberg begann dieses Jahr wesentlich früher als sonst – Dennoch wurde ähnlich viel Wein geerntet wie letztes Jahr

Blätterrascheln, ein Schnappen, gefolgt von einem dumpfen Aufprall. Der Wind trägt Gesprächsfetzen über den Hang. Vereinzelt erscheinen Köpfe über dem grünen Meer aus Rebstöcken und verschwinden wieder. Dann erneut Rascheln, Schnapp und die Weintrauben landen im Eimer. Es ist der Tag der Weinlese am Burghauser Weinberg.

Dieses Jahr ist die Weinlese früh dran, es ist erst Mitte September. Etwa drei Wochen früher als geplant und so früh wie noch nie in der 20-jährigen Geschichte des Burghauser Weinbergs. Grund waren vor allem die Witterungsbedingungen der letzten Wochen. „Innerhalb von wenigen Tagen haben die Trauben angefangen faulen“, berichtet Curt Pfeifenthaler, der Chef der Weinbauern. „Da mussten wir nicht lange überlegen und haben beschlossen, so schnell wie möglich mit der Lese zu beginnen.“

Die grauen Kisten, die am Fuß des Weinbergs gestapelt sind, füllen sich langsam. Es poltert, wenn ein Weinbauer seinen vollen Eimer mit Trauben kippt und die Reben in die Kisten purzeln. Die Trauben haben unterschiedliche Farben, obwohl sie alle zur gleichen Sorte gehören. Manche sind grün, andere lila, manche beides. Alle jedoch schimmern leicht silbern oder gräulich. Daher auch der Name: Grauburgunder oder Pinot Grigio auf Italienisch.

Auch wenn die Trauben unterschiedliche Farben haben gehören sie alle zur gleichen Sorte, dem Grauburgunder © Stadt Burghausen/ebh
Auch wenn die Trauben unterschiedliche Farben haben gehören sie alle zur gleichen Sorte, dem Grauburgunder © Stadt Burghausen/ebh

Die ersten Weinstöcke kamen aus der Partnerstadt Ptuj

Seit 20 Jahren kümmern sich die ehrenamtlichen Weinbauern um den Burghauser Weinberg, der zur Landesgartenschau 2004 angelegt wurde. Die Partnerstadt Ptuj in Slowenien beteiligte sich an der Gartenschau indem eine Delegation die ersten Weinstöcke mitbrachte. Ptuj liegt selbst in einem großen Weinanbaugebiet.

Der Burghauser Weinberg befindet sich direkt unter der nord-westlichen Seite der Hauptburg am Wöhrsee. Diese Lage war es auch, die – zusammen mit dem schwül-heißen Wetter der vergangenen Wochen – den Trauben dieses Jahr zum Verhängnis wurde. Die Sonne braucht im Spätsommer schon recht lange bis sie über die Burg klettert. Oder wie Pfeifenthaler zu sagen pflegt: „Die Burg ist einfach ein paar Meter zu hoch.“ Die Trauben sind dann bis weit in den Tag hinein mit Tautropfen überzogen. Scheint dann die Sonne auf die Trauben, fungiert das Wasser wie eine Brennlinse. Die Trauben platzen auf und faulen.

Umsonst war die monatelange Pflege des Weinbergs jedoch nicht. Die Weinbauern rechnen aber mit einem deutlichen Ertragsverlust. Dieses Jahr hätte ein Rekordjahr werden sollen, nun kann immerhin noch ähnlich viel geerntet werden wie im vergangenen Jahr. Und ganz so süß und stark wird der Wein auch nicht werden. „Aber leichtere Weine sind gerade eh im Trend“, weiß der Weinbauern-Chef und zwinkert schelmisch.

Die Trauben werden per Hand geerntet und gleich aussortiert - dieses Jahr besonders mühsam © Stadt Burghausen/ebh
Die Trauben werden per Hand geerntet und gleich aussortiert – dieses Jahr ist die Weinlese besonders mühsam © Stadt Burghausen/ebh

Nach etwa eineinhalb Stunden ist schon ein großer Teil der 15 Reihen abgeerntet. Die Arbeit fällt zunehmend schwerer. Weiter oben wird das Gelände immer steiler, der Rücken schmerzt und die Finger kleben vom Saft der aufgeplatzten Weintrauben. Durch die eingesetzte Fäulnis ist die Lese außerdem viel mühsamer als sonst. Die Reben werden gleich noch bevor sie in den Eimer wandern aussortiert. Der Boden unter den Weinstöcken ist übersäht mit braunen und verschrumpelten Trauben. Der ein oder andere Weinbauer füttert die Ziegen, die am Burghang leben und das Geschehen unter ihnen interessiert beobachten, mit Weinreben, die nicht mehr ganz so schön aussehen.

Dunkle Wolken türmen sich inzwischen am Himmel, der Wind fährt durch die umliegenden Bäume und lässt die türkise Oberfläche des sonst still daliegenden Wöhrsees kräuseln. Erste Tropfen fallen. Ein Hund kommt angelaufen und will sich Weintrauben stibitzen, aber Thomas Pfeifenthaler, der Sohn des Weinbauern-Chefs, wacht aufmerksam über die Weintrauben. Am nächsten Tag fahren er und sein Vater die Weintrauben nach Franken in die Nähe von Aschaffenburg zu einem Winzer. Der macht daraus bis zum Frühjahr den Burghauser Wein namens „Gwax“.

Curt Pfeifenthaler (l.), Chef der Weinbauern, mit seinem Sohn Thomas und dem Zweiten Bürgermeister Norbert Stranzinger (r.) © Stadt Burghausen/ebh
Curt Pfeifenthaler (l.), Chef der Weinbauern, mit seinem Sohn Thomas und dem Zweiten Bürgermeister Norbert Stranzinger (r.) © Stadt Burghausen/ebh

Wer den Burghauser Wein probieren will, muss Glück haben. Denn der Weinanbau ist nicht gewerblich und deswegen gibt es den Wein nicht zu kaufen. Bei städtischen Veranstaltungen oder Feierlichkeiten wird der Wein aber ab und zu ausgeschenkt. Oder man kommt zu einer der seltenen Weinproben.

Nach getaner Arbeit gehen die Weinbauern noch zusammen zu einer Brotzeit und der Weinberg liegt wieder ruhig da. Ein paar Spaziergänger kommen vorbei und genießen den Blick über die Weinberge und die Burganlage. Vor einigen Reihen stehen Rosensträucher, die hellrosa und dunkelrot blühen. Früher pflanzte man Rosen zwischen die Rebstöcke, denn die Blumen reagieren wesentlich empfindlicher auf Krankheiten und Schädlinge. So merkte der Winzer früher, wann er die Rebstöcke mit Pflanzenschutzmitteln behandeln musste. Inzwischen ist das nicht mehr nötig, aber die Tradition hat sich erhalten, und so blühen auch in Burghausen Rosen am Weinberg.

Die Weinbauern vor dem Burghauser Weinberg unter der längsten Burg der Welt © Stadt Burghausen/ebh
Die Weinbauern vor dem Burghauser Weinberg unter der längsten Burg der Welt © Stadt Burghausen/ebh