Aufführung eines Theaterstücks im "Ankersaal" 1932 © Haus der Fotografie Burghausen
Gasthof "Goldener Anker", aus dem sich der heutige Name des Altstadtkinos ableitet © Haus der Fotografie Burghausen
Zeitungsanzeige zur Eröffnung der "Anker-Lichtspiele" am 20. August 1954 © Haus der Fotografie Burghausen
Konzert im Ankersaal © Stadt Burghausen
Ankersaal © Ron Ronson

Der „Ankersaal“, mehr als nur ein Filmtheater, feiert Geburtstag – Jubiläumswochenende im Herbst mit ausgewählten Filmen und Konzert

20. August 2024. Wie viele Häuser in der historischen Burghauser Altstadt hat auch das Gebäude am Stadtplatz 41/42 eine lange, bewegende Geschichte hinter sich. Seit nunmehr 70 Jahren befindet sich dort ein Kino. Am 20. August 1954 öffneten die „Anker-Lichtspiele“, wie der Ankersaal früher hieß. Im Herbst veranstaltet das Kulturbüro deswegen ein Jubiläumsprogramm.

Ursprünglich bestand das Gebäude aus zwei getrennten Häusern. In der Nummer 41 arbeiteten und wohnten bis ins 18. Jahrhundert Perückenmacher. Daneben lebten noch andere Mieter in dem Haus. Belegt ist zum Beispiel ein Rechtsanwalt oder ein Aufleger, der Waren von den Schiffen auf der Salzach entlud. Nebenan, in der Hausnummer 42, befand sich mit dem „Geistwirt“ eine Gastwirtschaft mit Bierkeller, der 50 Meter tief in den Burghang hineinreichte. Davon zeugt auch heute noch der Name des Gässchens, das neben dem Ankersaal hoch zur Burg führt: das Geistwirtgaßl.

Doch warum heißt das Kino eigentlich „Ankersaal“? Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden die Häuser Nr. 41 und 42 zusammengelegt, das Wirtshaus änderte immer wieder den Besitzer und damit auch seinen Namen. Anfang August 1866 brannte das Haus komplett ab und wurde wiederaufgebaut. Das neue Wirtshaus trug den Namen „Goldener Anker“. Und dort spielte sich in den nächsten Jahrzehnten das gesellschaftliche Leben Burghausens ab. Im großen Saal des Wirtshauses, dem „Ankersaal“, fanden Feste und Bälle statt, jedoch auch Musterungen und Impfungen.

“… und ewig bleibt die Liebe”

1938 verlor der „Goldene Anker“ seine Bedeutung, denn das ehemalige Regierungsgebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite wurde zum Stadtsaal erweitert. Seither finden dort die großen Veranstaltungen statt. 1953 kaufte die Volksbank das Gebäude am Stadtplatz 41/42 und lies es umbauen, nur die Fassade und die Hauptmauern blieben erhalten.

Das Gebäude beherbergte nun eine Likörfabrik, die Grenzpolizei, sowie bis heute eine Filiale der Volksbank, Privatwohnungen und das „Anker-Lichttheater“ mit über 400 Plätzen. Fritz Junghans, ein Burghauser Maler und Bildhauer, gestaltete das Deckenfresko des Kinosaals. Von Junghans sind noch andere Werke in Burghausen zu sehen, zum Beispiel die Uhr am Haupteingang der Johannes-Hess-Schule.

Der erste Film, der am 20. August 1954 über die Leinwand flimmerte, war „… und ewig bleibt die Liebe“ mit Karlheinz Böhm. Böhm besuchte das Ankerkino auch einmal persönlich. 1989 kam er für eine Spendensammlung seiner Aktion „Menschen für Menschen“ im Rahmen des Betriebsjubiläums der Firma Hasenkopf nach Burghausen.

1990 übernahm das Paar Daniela Mayer und Attila Kovacs, die im Jahr 2000 auch das Kino Quadroscope in der Neustadt gründeten, das Kino am Stadtplatz. Damals zogen auch die bequemen roten Sessel im Stil der 1950er ein, die dem Saal u.a. bis heute seine einmalige Atmosphäre geben. 2018 endete der Kinobetrieb im „Ankerkino“, da es immer weniger Besucher hatte. Zu dieser Zeit gehörte das Gebäude schon dem damaligen Bürgermeister Hans Steindl, dem es ein Anliegen war, das Kino nicht zu schließen, sondern mit einem neuen Konzept wieder zu eröffnen.

Über 100 Filmvorführungen pro Jahr

Nach umfassenden Renovierungsarbeiten betreibt die Stadt Burghausen seit 2019 das Ankerkino und nannte es wieder in „Ankersaal“ um. Denn es werden nicht mehr nur Filme gezeigt, sondern der Saal wird auch für Events wie Konzerte, Kleinkunstabende oder Lesungen genutzt, zum Beispiel im Rahmen von „Literatur Live“ oder des Pfingstfestivals „Look into the Future“. Verantwortlich für das städtische Programm ist das Burghauser Kulturbüro. Die Vermietung des Saales läuft über das Kulturbüro und das Bürgerhaus.

Ein Team aus Aushilfen und Filmbegeisterten übernimmt die Schichten an der Abendkasse und verkauft Snacks und Getränke. Jährlich werden weiterhin über 100 Filme gezeigt, viele davon sind hoch prämierte Arthouse-Filme oder sogar oscarnominiert. Auch Filmklassiker, Kurzfilme oder andere Filmexperimente laufen in dem kommunalen Kino.

Um den Geburtstag des „Ankersaals“ zu feiern, hat sich das Kulturbüro für den Herbst ein Jubiläums-Programm überlegt. Ein besonderes Schmankerl: Am 11. Oktober 2024 läuft „… und ewig bleibt die Liebe“, der allererste Film, der 1954 im Ankerkino gezeigt wurde. Am 12. Oktober spielt die heimische Band „The Bricats“ gemeinsam mit Sänger Pep Torres Hits aus den 60ern, danach steigt die Aftershow-Geburtstagsparty. Mit „Wickie auf großer Fahrt“ und „Die Perlmutterfarbe“ zeigt das Kulturbüro am Sonntag des Jubiläumswochenendes außerdem zwei Filme, die in und um Burghausen gedreht wurden.

Momentan hat der „Ankersaal“ Sommerpause. Ende September startet die neue Saison.

 

Ein Exkurs zur Burghauser Kinogeschichte:

Das Ankerkino war nicht das erste Burghauser Kino. Schon 1914 eröffnete ein erstes Filmtheater in den Grüben. Ab 1925 gab es die „Kammerlichtspiele“ im Haus „Vier Jahreszeiten“ am Stadtplatz. Seit 1937 gibt es außerdem das Burgtheater in der Neustadt, die sich zu dieser Zeit entwickelte. In den 50er Jahren, als das Ankerkino öffnete, bestanden für kurze Zeit gleich vier Lichttheater gleichzeitig in Burghausen: Das „Ankerkino“ und die „Kammerlichtspiele“ in der Altstadt sowie das „Burgtheater“ und ein „Zentraltheater“ in der Neustadt. Ende der 70er Jahre waren nur noch das Burgtheater und das Ankerkino übrig.