Burghausens Erster Bürgermeister Florian Schneider Foto Hans Mitterer

Burghausens Erster Bürgermeister Florian Schneider Foto Hans Mitterer


Eine Region unter Strom

 

Burghauser Energiegipfel informiert breit über das Thema Energieinfrastruktur und -bedarf im Bayerischen Chemiedreieck: 500 interessierte Besucherinnen und Besucher im Stadtsaal

Hier finden Sie die Präsentationen des Energiegipfels der Stadt Burghausen. Auf vielfachen Wunsch darf die Stadt die Präsentationen veröffetlichen.

 

Burghausen. „Wir haben die besten Chancen, wir haben Mut!“. Mit diesem Statement bezog Burghausens Erster Bürgermeister Florian Schneider während des Burghauser Energiegipfels am 26. März 2024 Stellung zu der Frage, ob er Angst vor einem wirtschaftlichen Abstieg Burghausens habe, weil im Chemiedreieck die Energietransformation vielleicht nicht wie gewünscht realisierbar sei. Der Bürgermeister erntete für seine optimistische Haltung viel Applaus von den mehr als 500 Besuchern, die den Energiegipfel im Stadtsaal verfolgten.

 

Auf Florian Schneiders Initiative hatte die Stadt die Veranstaltung am 26. März 2024 mit Vorträgen und einer Podiumsrunde organisiert, um über Energieinfrastruktur und -bedarf im Bayerischen Chemiedreieck zu informieren. „Das Thema geht uns alle an. Es ruft Emotionen hervor und bringt Veränderungen. Wir alle hier in der Region sollten ein Gesamtbild haben“, erklärte der Bürgermeister.

 

Im Rahmen der Podiumsdiskussion stellte er sich ebenso wie Peter von Zumbusch, Werkleiter der Wacker Chemie, Ministerialdirigent Professor Frank Messerer vom Bayerischen Wirtschaftsministerium und Markus Lieberknecht, Bürgerreferent des Übertragungsnetzbetreibers TenneT, eine knappe Stunde den kritischen Fragen von Moderator und Wirtschaftsredakteur Johannes Geigenberger. Sie drehten sich unter anderem um Versorgungssicherheit, Transformation sowie der Kommunikation rund um die Energiewende.

 

TenneT-Vertreter Markus Lieberknecht erklärte in der Gesprächsrunde auf Nachfrage, worauf das Unternehmen achte, wenn es Standorte für Umspannwerke oder neue Trassen suche: „Da spielen andere Leitungen eine Rolle, Straßen, Eisenbahnschienen und Wohnbebauung.“

Peter von Zumbuschs Antwort auf die Frage, ob der Green Deal das Papier wert sei, auf dem er gedruckt ist, bescherte dem Werkleiter viel Beifall: „Der Green Deal ist alternativlos – wegen unserer Kinder und Enkelkinder. Wir müssen heute für eine nachhaltige Zukunft investieren“. Dazu sei es auch nötig, unbequeme Wahrheiten auszusprechen.

 

Vor der Podiumsrunde hatten vier Referenten das Thema Energieinfrastruktut und -bedarf im Bayerischen Chemiedreieck präsentiert. Heike van der Heyden, Geschäftsführerin des Windparkprojektierers Qair hatte kurz vor dem Start des Energiegipfels krankheitsbedingt absagen müssen. Als Erster ging Bernhard Langhammer ans Mikrofon: Der Sprecher der Initiative ChemDelta führte aus, dass viele Erzeugnisse aus dem Chemiedreieck weltweit exportiert würden und in Handys, Laptops, Medikamenten sowie vielem mehr steckten.

 

Dann blickte Langhammer nach vorne: „Der Energiebedarf in der Region steigt enorm: Bis zum Jahr 2030 voraussichtlich um 50 Prozent“. Schon jetzt verbraucht das ChemDelta Bavaria mit fünf Terrawattstunden etwa ein Hundertstel des deutschen Strombedarfs von 520 Terrawattstunden. Für 2050 rechnet die gesamte Branche laut einer VCI-Studie mit 629 Terrawattstunden. Für die Chemie seien Wasserstoff, Biomasse und die Elektrifizierung Teile des Wegs hin zur Klimaneutralität.

 

Wie aktiv die Unternehmen vor Ort Klimaneutralität anstreben, verdeutlichte Stefan Henn. Der Leiter Energy/Utilities bei der Wacker Chemie zeigte die Schritte auf, die der Konzern bereits in die Wege geleitet hat. „Dennoch brauchen wir einen zügigen Ausbau der Infrastruktur für die Region bis 2030: eine Wasserstoff-Pipeline mit Anschluss an überregionale Netze sowie einen Anschluss an ein leistungsfähiges Stromnetz beispielsweise eine 380 KV-Leitung“. Auch die Förderung von zukunftsweisenden Projekten gehöre dafür dazu.

 

Gespannt verfolgten die Besucher den Vortrag von Ministerialdirigent Frank Messerer. Der Energieexperte erklärte, warum Bayern H2-ready Gaskraftwerke – also Wasserstoff bereite Gaskraftwerke – braucht, wie groß der Kraftwerksbedarf ist, welche Standorte bestehender oder stromgeführter Kraftwerk-Standorte möglich wären und wie wichtig ein Basisnetz für Wasserstoff ist. Das Land Bayern erzeuge seit 2018 weniger Strom, als es verbrauche. „Wir benötigen zehn Gigawatt wasserstofffähige Gaskraftwerke an netzdienlichen Standorten.“ Messerer zeigte dafür potenzielle Standorte auf. „Burghausen ist für den Bau eines Gaskraftwerks geeignet, weil hier starke Leitungen und ein Hochspannungsnetz vorhanden sind.“

 

„Unsere Stromversorgung war sicher und soll sicher bleiben. Die Risiken steigen, das Netz ist anfälliger als noch vor ein paar Jahren. Aber wir hier in Bayern setzen alles daran, dass die Versorgung sicher bleibt.“ Frank Messerer, Ministerialdirigent Bayerisches Wirtschaftsministerium

 

Da Wasserstoff für die Energiewende eine wichtige Rolle spiele, liege im Bayerischen Wirtschaftsministerium bereits ein Antragsentwurf für ein Wasserstoffnetz mit einer Länge von 9.700 Kilometer vor. „Etwa 60 Prozent davon sind umgestellte Erdgasleitungen“, ergänzte Messerer.

TenneT-Bürgerreferent Markus Lieberknecht komplettierte die Referentenrunde. Er schilderte die Herausforderungen für einen Übertragungsnetzbetreiber: „Wir haben in Deutschland ein hohes Nord-Süd-Gefälle: Der Süden braucht viel Strom, der Norden produziert viel Strom“. Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien sei die Einspeisung sehr heterogen. „Das macht es schwer.“

 

Dann gab er Informationen zum Projekt Zeilarn-Burghausen-Simbach, das den Neubau zweier 380 kV-Leitungen mit Umspannwerken im Raum Burghausen und Simbach vorsieht. „Aktuell suchen wir Flächen für die Umspannwerke“. Der Bürgerreferent erläuterte die Funktionen eines Umspannwerks, den Aufbau und die Anforderungen an den Standort. „Für ein Werk ist ein Flächenbedarf von 20 bis 30 Hektar erforderlich: Für die Isolation wird Luft genutzt, die einzelnen Bauteile sollen sich nicht gegenseitig beeinflussen und natürlich muss eine Begehung unter anderem bei Wartungsarbeiten möglich sein“.

 

Ob Vorträge oder Gesprächsrunde – den ganzen Abend über hatten die Referenten die volle Aufmerksamkeit der Zuhörer. Die wiederum waren sich am Ende des Energiegipfels einig: „Das war enorm viel Information auf einmal. Aber jetzt lassen sich die einzelnen Puzzlestücke Strom, Windpark, Kraftwerk, Wasserstoffleitungen wesentlich besser einordnen“.

 

Foto:

Auf dem Podium des ersten Burghauser Energiegipfels am 26. März 2024 diskutierten Dr. Peter von Zumbusch (v.l.), Erster Bürgermeister Florian Schneider, Prof. Dr. Frank Messerer, TenneT-Vertreter Markus Lieberknecht sowie Moderator und Wirtschaftsredakteur Johannes Geigenberger von der PNP.

 

Fotocredit: Hans Mitterer Fotografie